E. Marti u.a.: Martin: Carl Albert Loosli (1877−1959)

Cover
Titel
Carl Albert Loosli (1877−1959). Biografie.


Autor(en)
Marti, Erwin; Martin, Uebelhart
Erschienen
Basel 2021: Schwabe Verlag
Anzahl Seiten
320 S.
von
Emil Erne

Die in einer früheren Rezension angekündigte illustrierte Biografie über Carl Albert Loosli (1877−1959) für ein breiteres Publikum liegt nun vor (vgl. BEZG 82,3 [2020], 84). Mit diesem Werk sollte der Makel des verkannten und vergessenen Aussenseiters der Schweizer Literatur- und Kulturgeschichte endgültig überwunden sein.

Der grossformatige Band trägt den schlichten Titel Biografie, während ihn der Verlagsprospekt unter der Überschrift «Ein Leben wie ein Roman» anpreist. Ein gemäss Klappentext «wildbewegtes Leben» führte Loosli im äusserlichen Sinn allerdings nur etwa bis zum 25. Altersjahr. Danach wurde er sesshaft und verlagerte sich seine Bewegtheit auf die mentale Ebene: als homme de lettres – wie sich der Autodidakt selbst gerne sah – liess er sich unermüdlich auf die geistige Auseinandersetzung mit vielfältigen Fragen des kulturellen, sozialen und politischen Geschehens seiner Gegenwart ein.

Die Darstellung folgt dem Lebenslauf chronologisch von der Geburt als Unehelicher und der trotzdem glücklichen Kindheit bei der Pflegemutter über die leidvollen Anstaltsjahre und die ruhelose Zeit des jungen Erwachsenen, der sich als vielversprechender Journalist auf zahlreichen Gebieten emsig tummelte, zum Familienvater und freien Schriftsteller, der sich in Bümpliz dauerhaft niederliess und von dort aus die Welt betrachtete und publizistisch kommentierte. Eingestreut sind die Kapitel zu den Themen, die Loosli ein Leben lang beschäftigten: die Kunst, der Heimatschutz, die Demokratie, der Antisemitismus, das Anstaltswesen und die Verdingkinder, das Jugendrecht und die «Administrativjustiz» (ein von ihm geprägter Begriff für organisierte Willkür der Behörden). Zur Sprache kommen ebenfalls seine literarischen Werke wie der Kriminalroman Die Schattmattbauern und die Dialektbücher. Beigefügt sind eine Chronologie, «Literaturempfehlungen» (eigentlich Lektüreempfehlungen zu einschlägigen Werken) und ein Personenverzeichnis. Marti verzichtet auf Anmerkungen und gliedert dafür die Quellen- und Literaturhinweise zu jedem einzelnen Kapitel in Nachweise der Texte von Loosli, der Dokumente über Loosli und der weiteren Literatur. Eigenartigerweise fehlt eine solche Zusammenstellung beim letzten Kapitel über das «Nachleben»; erwähnt werden darin − neben Marti, der mit der vierbändigen Biografie und der Herausgabe der Werke am meisten zum Nachoder vielmehr Wiederaufleben dieses Autors beigetragen hat − unter anderen quasi sein Vorgänger Rudolf Stalder, der als Erster eine Textsammlung aus Looslis Schriften herausgegeben hat, und der Publizist Fredi Lerch als Martis Berner Mitstreiter, ferner neuere Forschungspublikationen, künstlerische Bearbeitungen in Theater und Film sowie als Letztes die Aufbereitung von Unterrichtsmaterialien, die es ermöglichen sollten, Loosli den Schulklassikern gleichzustellen.

Die insgesamt 29 Kapitel sind zwischen vier und vierzehn Seiten lang und enthalten jeweils am Ende ausgewählte «Zusatztexte» aus den besprochenen Werken und aus zeitgenössischen Quellen. In diesen Kapiteln sowie im Anhang befinden sich insgesamt 37 Kurzbiografien von Personen, die in Looslis Leben eine bedeutende Rolle spielten, hauptsächlich Kunstschaffende und Fotografen.

Der Band ist mit rund 350 Abbildungen reich illustriert; zwei Drittel aller Seiten (ohne Titelei und Anhang) weisen mindestens ein Bild auf. In der Buchmitte befindet sich ein Druckbogen mit ganzseitigen, mehrheitlich farbigen Porträts.

Erwin Marti schöpft dank seiner umfassenden Kenntnis von Leben und Werk des «Philosophen von Bümpliz» aus dem Vollen. Er schreibt flüssig, pointiert, informativ. Im Buch selbst nicht ersichtlich ist, dass Co-Autor Martin Uebelhart ausser dem von ihm unterzeichneten Vorwort die Exkurse zum Berner Prozess um die «Protokolle der Weisen von Zion» (1933 – 1937) und zur Zwangserziehungsanstalt Aarburg sowie das erwähnte Kapitel zum Nachleben Looslis verfasst hat (Kapitel 21, 24 und 29). Wichtig war gemäss Martis Auskunft Uebelharts Funktion als erster Lektor der Texte und vor allem seine Mitwirkung bei der Beschaffung und qualitativen Bearbeitung zahlreicher Aufnahmen sowie bei der grafischen Gestaltung des Bands und der Finanzierung des aufwendigen Projekts.

Es ist ein gewichtiges, lesenswertes, anschauliches Buch entstanden, das auch als Nachschlagewerk für jene Bereiche dient, zu denen Loosli in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts fundiert, kritisch und wegweisend publiziert hat.

Zitierweise:
Erne, Emil: Rezension zu: Marti, Erwin; Uebelhart, Martin: Carl Albert Loosli (1877−1959). Biografie. Basel: Schwabe 2021. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 83 Nr. 2, 2021, S. 72-73.

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Zuerst veröffentlicht in

Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 83 Nr. 2, 2021, S. 72-73.

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